Textentwürfe

Montag, 26. November 2007

1. Entwurf des Kapitels des Abendlandbegriffes

Abendland, ein Begriff der den meisten geläufig ist und auch logisch erscheint, doch bei genauerer Betrachtung viele Zweifel aufweist. Mithilfe versierter Befragung war es möglich die Stellung und Bedeutung des Begriffes im 21. Jahrhundert zu erfassen. In Assoziation zum Terminus Abendland vielen Begriffe, wie: Westen, Europa, Mittelalter, Morgenland, Sonne, die hl. 3 Könige, kulturelle Spannungen, europäische Wertekultur, Kreuzzüge, fanatischer Katholizismus, Kriege, Christentum, EU. Diese Vielzahl von unterschiedlichen Assoziationen zeigt, dass der Begriff des Abendlandes im Laufe der Zeit vielfach beeinflusst und unterschiedlich verwendet wurde.
Grundsätzlich kann der Begriff Abendland nur mit seinem Gegenstück, dem Morgenland abgegrenzt werden, dessen Wortherkunft im frühen 16. Jahrhundert liegt, und eng im Zusammenhang mit dem Auf- und Untergang der Sonne liegt. In der Bibelübersetzung Martin Luthers verwendete er bereits 1517 den Begriff des Morgenlandes (1) , wobei der Terminus des Abendlandes nur mit dem Wort „Abend“ (2) angedeutet wurde, aber bereits die Bedeutung des späteren Begriffs in sich trägt. Erstmals wurde der Wortlaut „Abendlender“ von Caspar Hedio 1529 mit der Bedeutung „Okzident“, dessen Herkunft ins 11. Jahrhundert zurückgeht, verwendet.
Orient und Okzident zeigten ursprünglich, als Synonyme der Begriffe Morgenland und Abendland, die Reichsteilung des römischen Imperiums in eine östliche und westliche Reichshälfte im Jahr 395. Folglich liegen die kulturellen Wurzeln des Abendlandes in der griechischen Antike, Imperium Romanum sowie im christlichen Glauben und prägen somit die Geschichte als europäische Ideen- und Wertekultur, womit eine geografische Abgrenzung in den Hintergrund rückt.

„Es gibt drei Hügel, von denen das Abendland seinen Ausgang genommen hat: Golgatha, die Akropolis in Athen, das Kapitol in Rom. Aus allen ist das Abendland geistig gewirkt, und man darf alle drei, man muss sie als Einheit sehen.“ (3)

Der deutsche Geschichtsphilosoph Oswald Spengler grenzte das Bild des „Abendlandes“ weiter ein, datierte dessen Beginn in die merowingisch, karolingische Zeit (500-900), sieht dessen Frühzeit in Gotik und Renaissance und dessen Spätzeit mit Barock und Rokoko. Im 19. Jahrhundert tritt an Stelle der Kultur die Zivilisation, die sich als „Dasein ohne innere Form“ ausdrückt. Die letzte Phase, welche seit dem 19. Jahrhundert läuft, bezeichnet Spengler als eine „Ausbreitung der letzten Weltstimmung“, die im Abendland durch den „ethischen Sozialismus“ repräsentiert wird. (4)
Ein weiterer wichtiger Vertreter der deutschen Geschichtswissenschaft, Jacob Burckhardt, imponierte das Abendland bezüglich dessen kulturdominierten Verhältnis zwischen Kultur und Macht. Im Burckhardts Sinne ist die Macht an sich böse. Das Morgenland ist ihm daher im Gegensatz zum Abendland suspekt, da es aus Großstaaten besteht, in denen die Macht über die Kultur dominiert (5). Burckhardt ruft zu einer Verteidigung der Kultur des Abendlandes auf.(6)
Die „abendländische“ Begriffsherleitung der deutschen Geschichtsschreibung ist jedoch im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert mit Vorsicht zu betrachten, da sich im deutschsprachigen Raum ein besonderer Traditionalismus entwickelte. Sie wird nach dem Ende des hl. Röm. Reich dt. Nation ideologisiert und damit vor allem gegen Protestantismus und Preußentum für die sogenannte Großdeutsche Lösung in Stellung gebracht, wobei sich der Abendlandbegriff immer mehr zu einer katholischen Domäne entwickelte. Nach 1945 brach die Abendlandidee wieder aus, wobei das beste Beispiel die 1949 gegründete Karlspreisgesellschaft ist. Der Karlspreis sollte fortan jährlich Persönlichkeiten verliehen werden, die den Gedanken der abendländischen Einigung in politischer, wirtschaftlicher und geistiger Beziehung gefördert haben. In dieser Phase des Begriffes zeigte sich auch eine gewisse Bedeutung für den europäischen Einheitsgedanken, somit fortwirkend für die EU. Der Umgang mit dem Begriff des „Abendlandes“ sollte immer behutsam sein, da er im Laufe der Geschichte oftmals eine hochideologisierte Benutzung erleiden musste und fortwährend einen gegen den Osten gerichteten Beiklang hatte (7).

In Betracht der Analyse „europäischer/abendländischer“ Einheitsgedanken im Zuge der Türkengefahr ist der Abendlandbegriff der Frühen Neuzeit von besonderer Bedeutung. Als Fundament auf dem die Argumentation und Beweisfindung aufbauen wird muss der Abendlandbegriff als Einheitsbegriff abgegrenzt sein. In der frühen Neuzeit ist der Abendlandbegriff noch eine Seltenheit, vielmehr wird von christlicher Solidarität und der Einheit der Christenheit gesprochen(8). 200 Jahre nach den letzten Kreuzzügen kommen auch diese Ideen seitens der römisch katholischen Kirche wieder zum Vorschein, die unter einen christlichen Einheitsgedanken gestellt werde. Im Zuge der drohenden Türkengefahr wird der „abendländische“ Einheitsgedanke auch für propagandistische Zwecke eingesetzt, um speziell die unteren Bevölkerungsschichten gegen einen gemeinsamen Feind aufzuhetzen und somit von den sozialen und wirtschaftlichen Problemen des Feudalsystems abzulenken, dass die Bauern an ihr Existenzminimum trieb. Die Verbindung der Geistlichkeit und Weltlichkeit im Hinblick auf den Abendlandgedanken läuft nur über den Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation, der als Nachfolger des römischen Kaisers und Schutzherr der Christenheit die „abendländische“ Religion zu verteidigen inne hatte. Ungeachtet der weltlichen Probleme wurde diese Konstellation von der laufenden Reformation enorm beeinflusst womit die Weltlichkeit von der Geistlichkeit in unserer kulturell religiösen Frage nur schwer getrennt werden kann. Die gegenseitige Beeinflussung darf nie außer Betracht gelassen werden. In dieser Zeit des politisch instabilen Europas darf man den abendländischen Einheitsgedanken nie als selbstverständlich und gegeben annehmen, der uns vielleicht durch die eurozentristischen Bewegungen im letzten halben Jahrhundert vermittelt wurde. Eine globale Weltanschauung ist dem Menschen der frühen Neuzeit fremd, wodurch die geografische, kulturelle, religiöse und soziale Zusammengehörigkeit an ihrer Schlagkraft verliert und kontinentale Probleme in den Vordergrund rücken.

Für die weitere Betrachtung dieses Themas ist es wichtig sich die damaligen Umstände in denen die Menschen Europas zu Leben hatten vorstellen zu können. Europa war ein ständiger Kriegsschauplatz weltlicher sowie geistlicher Auseinandersetzungen, das veraltete Feudalsystem und die Steuerlast belastete die unteren Schichten, die Reformation setzte die Bevölkerung einer ungewisse Jenseitsposition, sowie ständiger Diskriminierungen und Verfolgungen aus, und der „schwarze Tod“ kehrte immer wieder nach Europa zurück. Somit war die Formulierung des Diesseitsbegriff als „Tal der Tränen“ in dieser Epoche vielleicht zutreffender als jemals zuvor.

---Fußnoten befinden sich im Kommentar ---

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